Hallo zusammen
Gleich mal vorneweg: Ich bin kein Mitglied und kann auch keines werden, weil ich hier in Österreich sitze. Die Drogenpolitik hierzulande gestaltet sich aber sehr ähnlich wie die der BRD, was heisst, dass sich Änderungen, die in der BRD stattfinden, hier in absehbarer Zeit auch auswirken werden. Hier wird Cannabis auch in Kleinskonsummengen verfolgt, allerdings werden die Anzeigen von den Staatsanwaltschaften "zurückgelegt" und nach üblicherweise 2-jähriger "Bewährungszeit" endgültig eingestellt, was z.T. mit Beratungs oder Therapieauflagen verbunden ist. Allerdings sind da die tolerierten Mengen im Verhältnis zur BRD geradezu gigantisch, nämlich bis 24g THC in Reinform (das entspricht etwa 200g Haschisch(!!). Ausserdem habe ich 30J. in Bayern gelebt, von denen ich 20J. mit der bayer. Justiz um das Cannabisproblem gestritten habe - als Einzelkämpfer leider aussichtslos ....... - und hier mein Diskussionsbeitrag - übrigens sorry, dass ich das anfangs falsch platziert habe - bin halt neu hier.
Politische Diskussionen über das Cannabisproblem sind ja schön und gut, aber im Endeffekt bringen sie nichts, weil die konservativen Kräfte in der Überzahl sind. Konservativismus ist leider gleichbedeutend mit Stillstand und gerade die Drogenpolitik ist ein abschreckendes Beispiel dafür - 1 Schritt vorwärts und danach wieder 2 Schritte rückwärts. Aber politisches Vorgehen geht auch anders, nämlich indem man die Betroffenen mobilisiert und jeder einzelne für sich aktiv wird. Wenn da dann noch eine politische Kraft dahintersteht, die das auch anregt und unterstützt, dann könnte man auch ohne Mehrheiten etwas bewegen. Das wäre sicher auch eine exzellente Promotion für eine Kleinstpartei, wenn sie damit etwas bewegt, was noch nicht einmal die grossen Oppositionsparteien schaffen bzw. geschafft haben. Gerade in der Drogenpolitik ist strategischer Aktionismus wohl der einzige Weg die konservativen Kräfte mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. Gerade Cannabis ist in der ganzen Drogenpolitik als Schlüsselsubstanz zu verstehen, denn wenn hier die Mystifizierung wie ein Kartenhaus zusammenbricht, dann ist damit eine Lanze zu einer völlig neuen, pragmatischen Drogenpolitik gebrochen.
Auch sind die ganzen Diskussionen allesamt zu weichgespült, man muss die konservativen Kräfte mit ihren eigenen Mitteln angehen und diese sind in der Drogenpolitik Polizei und Justiz! Wie soll das nun gehen? Es ist sehr einfach, man muss sich dazu nur die Situation der Junkies anschauen - woran sterben die? - es sind die Versetzungen bzw. die völlige Unberechenbarkeit der illegalen Strassenware in Bezug auf Wirkstoffkonzentration. Gerade die aktuellen Anthrax-Fälle wären da ja ein sehr guter "Aufhänger" - das gilt als biologischer Kampfstoff, davor hat der Bürger Angst - und gerade das Schüren von Ängsten ist ja die Strategie der wahrlich erbärmlichen Drogenpolitik. Das heisst, dass ca. 60-80% der Drogentoten zu verhindern wären, wenn sie ihren Stoff im Sinne des Verbraucherschutzes kontrolliert erwerben könnten. Den Beweis dafür liefert ja sehr schön die Schweiz. Es ist Tatsache, dass die verantwortlichen Politiker über diese Problematik Bescheid wissen, aber trotzdem keinerlei Anstalten machen, diese Ursache für die vielen Todesfälle zu beseitigen. Und hier wird das ganze dann ein Fall für Polizei und Justiz. Wenn nämlich jemand wissentlich eine Situation, die zum Tod von Menschen führt, weiterhin bestehen lässt und diese Zielperson diese Situation beseitigen könnte, dann erfüllt das den strafrechtlichen Tatbestand der "fahrlässigen Tötung durch Unterlassung"! Wenn man also was bewegen will, dann wird sowas wohl die einzige Vorgehensweise sein, die auch wirklich zielführend sein könnte, weil sie den Verantwortlichen unmissverständlich klar macht, dass das so nicht geht bzw. dass sie damit erheblich mehr Schaden anrichten, als sie gut machen. Daher wäre es eine sinnvolle Aktion einen versierten Juristen dranzusetzen, der eine derartige Strafanzeige juristisch korrekt formuliert und diese dann von möglichst vielen Einzelpersonen in Form eines Strafantrages bei den Staatsanwaltschaften eingehen zu lassen. Wenn so etwas eine Einzelperson macht, dann ist es unwirksam, weil es von der Staatsanwaltschaft eingestellt wird. Wenn aber 1000ende derartiger Anzeigen möglichst flächendeckend getätigt werden, dann kann dieses Problem auch von den Staatsanwaltschaften nicht mehr unter den Tisch gekehrt werden - und die Organisation eines derartigen Aktionismus lässt sich wohl am besten parteipolitisch bewältigen. Damit hätten wir dann genau den selben Ton wie die konservativen Kräfte - man versucht ein gesundheitspolitisches Problem mit den Mitteln der Strafverfolgung zu lösen, was natürlich nicht geht. Aber diese Strategie funktioniert trotzdem, weil sie ja in sehr deutlicher Form die (verfassungswidrige) Kontraproduktivität der bestehenden Gesetzeslage darstellt.
Bei Cannabis wäre sowas auch machbar, da wäre dann eine andere Strategie anzuwenden: Die Hanfpflanze ist das effizienteste und vielseitigste Heilkraut, das die Natur hervorgebracht hat. Was massen sich hier diese Politiker eigentlich an, dass sie es überhaupt wagen, evolutionär gewachsene biologische Strukturen zu verbieten - die protektionistischen Hintergründe der Prohibition kennen wir ja alle. Die pharmazeutischen Alternativen zur Cannabismedizin sind durchweg mit erheblich gesundheitsschädlicheren oder suchtauslösenderen Nebenwirkungen behaftet. Ausserdem entwickeln die extrahierten Einzelsubstanzen wie Dronabinol oder Marinol nicht diese vielseitigen Wirkungsspektren wie das beim natürlichen Heilkraut (das ja über 60 Cannabioide enthält) der Fall ist. Der medizinische Konsum von Cannabis ist damit vom Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit abgedeckt und die Grundrechte sind gegenüber der Sachgesetzgebung "höherwertiges Rechtsgut". Auch die Diskussion über die Zahlungsübernahme der Kassen ist eigentlich hinfällig, weil eine legale landwirtschaftliche Produktion den Preis auf das Niveau handelsüblicher Kräutertees fallen lassen würde und damit die utopischen Abzockerpreise der Pharma-Industrie nicht mehr relevant wären.
Was soll diese ganze politische Diskussion eigentlich? - das geht doch schon über Jahrzehnte und verändert hat sich so gut wie nichts (noch nicht einmal das BVerfG-Urteil von 1994 ist bis heute vollständig vollzogen!!) - wollen wir nochmal über Jahrzehnte so weitermachen und damit akzeptieren, dass Kranke kriminalisiert werden? Der schnellste Weg zur Legalisierung wäre die Ressourcen der Justiz über alle Instanzen mit 1000enden derartigen Verfahren mit dieser Argumentation lahmzulegen. Es ist ganz einfach: jeder Cannabiskonsument mit medizinischer Indikation geht zur Polizei und macht Selbstanzeige. Die Staatsanwaltschaft wird das einstellen, dagegen kann man aber Widerspruch einlegen, mit der Begründung, dass es sich hierbei um eine Grundsatzfrage handelt und man das endgültig geklärt haben muss, um nicht weiter dem Verfolgungsdruck ausgesetzt sein zu müssen ........ - da würde das ganz schnell aufhören! Man muss sie mit ihren eigenen Mitteln (Justiz, Polizei) schlagen, sonst schlägt man sie nie!!!
Seht diesen Beitrag einmal als Anregung, ob man nicht völlig neue, unkonventionelle Strategien entwickeln muss, um wirklich Bewegung in die Sache zu bringen - ich glaube, dass die blosse Beteiligung an einer völlig festgefahrenen Diskussion nicht zielführend ist und damit nicht mehr als in den Sand gesetzte Zeit, in der Kranke (Sucht ist eine Krankheit und damit Sache der Medizin, die Polizei und Justiz hat da nichts zu suchen) weiterhin unter dem Polizei- u. Justizterror zu leiden haben. Es muss schnell etwas passieren, um diesen Kranken eine menschenwürdige Lebenssituation zu schaffen. Sucht ist Sucht und wo ist die Berechtigung für die Ungleichbehandlung mittels dem unterschiedlichen Legalitätsstatus? Bei einer Drogenpolitik kann es nur um Verhinderungsstrategien bezüglich der Suchtkrankheit gehen und es ist eigentlich nur ein untrüglicher Beweis der "einfachen Strukturierung" der Verantworlichen wenn die glauben das Problem Sucht auf mehr oder weniger willkürlich ausgewählte Substanzen reduzieren zu können. Die Ausbildung von Suchtkrankheiten hat immer psychosoziale Ursachen, der Substanzkonsum ist lediglich das Mittel zum Zweck und damit völlig unabhängig vom Legalitätsstatus - Hier wäre ein pragmatischer Ansatz für eine wirksame Präventionspolitik zu suchen!
Kaiho