ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste
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- From: Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>
- To: Mailingliste der AG Energiepolitk <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>
- Cc: AG Bauen & Verkehr <AG-Bauen-Verkehr AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-bauen-verkehr] [Energiepolitik] Strategiepapier Energiewende
- Date: Tue, 16 Apr 2013 06:55:45 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
- List-id: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>
Moin Moritz,
ich habe auch mal drüber geschaut. Die Erklärung des
Merit-Order-Effekts ist aber noch sehr lang und auch meiner Ansicht
nach nicht besonders verständlich. Das können wir noch deutlich
prägnanter fassen.
Dann mal ran an die Bouletten! https://saarland.piratenpad.de/eeg
Ich hätte auch nichts dagegen, hier noch was zum
CO2-Handel zu sagen. Wenn der funktionieren würde, wären die
Börsenpreise (in ganz Europa wohlgemerkt) höher und somit die
EEG-Umlage niedriger! Da der CO2-Handel fast nur im Stromsektor
Relevanz besitzt, wäre er eigentlich auch hier gut aufgehoben (ist
aber auch anders möglich).
http://ec.europa.eu/clima/consultations/0017/index_en.htm
Hier sind etliche Eingaben zum Strategiepapier mit den den Optionen a-f aufgelistet. Ich habe nur ein paar gelesen, und mir gefällt die hier ganz gut http://ec.europa.eu/clima/consultations/0017/citizens/grubb_en.pdf aber bei vielen ist nach wie vor die Abneigung vorhanden, preisregulierende Maßnahmen (wenn der CO2-Preis im Keller ist, Zertifikatevolumen verringern) als Automatismus zu verankern, obwohl das IMHO das einzige ist, was hilft.
Was wäre mit den anderen Themen? Gestaltung des Netzausbau,
Smart-Grid (Datenschutz), fossiler Energieträger im
nicht-Strom-Bereich (Peak-Oil, Abbau von Subventionen, sinnvolle
Besteuerung, CO2-Handel?)?
Ja, das könnte ggf. Ergänzt werden. Die Energiewende betriff ja nicht nur den Strom, obwohl hier die meisten Erfolge erzielt worden sind. Der Verkehrssektor ist schwieriger anzupacken. Das E-Auto ist in den nächsten Jahren wohl nur ein klitzekleiner Relevanzträger und mit mehr ÖPNV tut man sich schwer, insbesondere in strukturschwachen Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte.
Aber im Wärmesektor sind leichte Erfolge zu erzielen. Unabhängig von einer Wärmedämmung ist allein die Modernisierung der Heizung (Brennwerttechnik & Co) sowie eine bessere Steuerung, hydraulischer Abgleich eine Maßnahme mit sehr gutem Kosten/Nutzen Verhältnis.
Neben Peak-Oil, das uns wahrscheinlich wegen der Alternativlosigkeit von Flüssigsprit in den kommenden Jahren weiter stark beschäftigen wird, sind m.E. die Investitionen in die Energiewende eine "Versicherungsprämie" gegen Peak Fossil ganz allgemein.
Gruß,
Gunnar
-----Ursprüngliche Nachricht----- Von:versorgungszuverlaessigkeit.aspx
energie_und_infrastruktur-bounces AT lists.piratenpartei.de
[mailto:energie_und_infrastruktur-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im
Auftrag von Gunnar Kaestle Gesendet: Montag, 15. April 2013 20:55 An:
Mailingliste der AG Energiepolitk Cc: AG Umwelt Betreff: Re:
[Energiepolitik] Strategiepapier Energiewende
So fertig, bin einmal durch: https://saarland.piratenpad.de/eeg
Ich hätte aber nichts dagegen, wenn man auch noch ein paar Zeilen zum
CO2-Handel verliert.
http://ec.europa.eu/clima/policies/ets/reform/docs/com_2012_652_de.pdf
Gruß, Gunnar
Gunnar Kaestle schrieb:
Unten noch mal meine Kritik (nicht der reinen Vernunft):
und bitte hier mit Texten: https://saarland.piratenpad.de/eeg
Gruß, Gunnar
Gunnar Kaestle schrieb:
Moin,
Ein Strategie- oder Positionspapier zur Energiewende würde ich
begrüssen, allerdings sollte daran noch weiter gefeilt werden.
http://www.oberthal-online.de/piraten/eeg-umlage.pdf ist mir
ehrlich gesagt zu dünn. Mach doch mal ein Pad auf und lade die
Aktiven der Energiepolitik und der AG Umwelt zum mitmachen ein.
a) Subventionsbegriff
"Neben diesen Subventionen für erneuerbare Energien addieren
sich natürlich weitere Kosten wie zum Beispiel für die
Netzinfrastruktur hinzu."
Wie würdest du denn die EEG- Umlage bezeichnen, wenn nicht
als Subvention?
Eine Subvention setzt eine Leistung aus öffentlichen Mitteln
voraus. Dies ist aber bei der EEG-Umlage nicht gegeben. Es ist
eben ein Umlagesystem bei dem der Verbraucher auch eine
Gegenleistung bekommt. Da der Begriff Subvention meiner Ansicht
nach nicht positiv klingt, wäre es besser, ihn dann (da er im
Zusammenhang eben auch nicht korrekt ist) nicht zu verwenden.
Eine Subvention oder auch staatliche Beihilfe genannt, ist eine
Zuwendung aus dem Haushalt, die keiner Gegenleistung bedarf. Gott
sei Dank ist das EEG nicht steuer- bzw. haushaltsfinanziert, weil
das dann jedes Jahr erst genehmigt werden müsste. Ähnlich wie
die verschiedenen Marktanreizprogramme, die auch aus
Haushaltstöpfen refinanziert werden, stände das EEG jedes Jahr
neu auf der Kippe.
Es gibt auch eine hochrichterliche Entscheidung des EuGH (AZ
C-379/98), die bestätigt hat, dass das EEG eben keine staatliche
Beihilfe ist. "Eine Regelung eines Mitgliedstaates, durch die
private Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet werden,
den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren
Energiequellen zu Mindestpreisen abzunehmen, die über dem
tatsächlichen wirtschaftlichen Wert dieses Stroms liegen, und
durch die die sich aus dieser Verpflichtung ergebenden
finanziellen Belastungen zwischen den
Elektrizitätsversorgungsunternehmen und den privaten Betreibern
der vorgelagerten Stromnetze aufgeteilt werden, stellt keine
staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag
(nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) dar."
Weil Populisten Erfolg dabei haben, wenn sie laut gegen
Subventionen wettern und mit dieser Wortwahl auch das EEG
abschaffen wollen, sollte man die Spitzfindigkeit haben und
korrekterweise darauf hinweisen, dass das EEG zwar eine
finanzielles Förderinstrument darstellt, aber eben keine
Subvention. Es ist ein staatlich verordnetes Umlagesystem,
ähnlich wie die gesetzliche Krankenversicherung.
b) Energie- und Stromsteuer
Die generelle Richtung: Energie besteuern, Arbeit entlasten
wurde hier schon mehrfach durchdiskutiert. Mein Bauchgefühl sagt
mir, dass die in den letzten 10 Jahren nur moderat gestiegenen
Lohnstückkosten in DE und damit ein internationaler
Wettbewerbsvorteil auch durch die Ökosteuer bedingt wurde, welche
die Lohnnebenkosten gering hielt. Diese Richtung sollte
weiterverfogt werden und wir sollten nicht mit billigen
Steuergeschenken die am Ende teuer werden auf Stimmenfang gehen.
Wenn das Ziel ist, mit Energie sparsam umzugehen, dann schafft
man dies indem Energie verteuert wird. Auch den Rebound-Effekt
kann man kompensieren, wenn gewünschte Effizienzgewinne nicht in
ausufernden Energiekonsum münden sollen, indem schlicht eine
Steuer die geringeren Grenzkosten aufpolstert.
Langfristig muss auch daran gedacht werden - wenn der Faktor
Arbeit (Einkommensteuer + Lohnnebenkosten) weiter entlastet
werden soll - jeglichen Energiekonsum zu besteuern, d.h. auch den
von der PV-Anlage auf dem eigenen Dach. Auch Sonnenlicht ist eine
Primärenergie, aber dieses Fass sollte man erst aufmachen, wenn
die Energiewende unter Dach und Fach ist.
c) Befreiungstatbestände für stromintensive Industrie
Bei einzelnen Stromintensiven Unternehmen, die im
internationalen Wettbewerb stehen muss man aber über eine
Steuerentlastung nachdenken. Es bringt nichts, wenn eine Kupfer-
oder Aluhütte oder die Chloralkalichemie hier in Deutschland
dichtgemacht wird und an einem anderen Konzernstandort mit
geringeren Umweltauflagen und Stromkosten expandiert. Dabei
sollten die Befreiungstatbestände für Energiesteuern und
EEG-Umlage harmonisiert werden. Ein Mindestsatz bei der
EEG-Umlage etwa in der Höhe der Einsparung durch den
Merit-Order-Effekt sollte festgelegt werden.
d) Stromnetze
"unabhängig von der Energiewende eine umfassende Erneuerung der
maroden Stromnetze längst überfällig ist" Marode ist ein
unzutreffendes Wort. Netze sind die Bestandteile des
elektrischen Energieversorgungssystems, die die längste
technische Nutzungsdauer aufweisen. Kabel- und Freileistungen
halten 60-80 Jahre, Trafos etwa 40 und nur die Elektronik der
Sekundärtechnik (Messen, Steuern, Regeln, Leittechnik) wird nach
etwa 20 Jahren ausgetauscht. Versorgungsausfälle in Deutschland
sind selten: ca 15-20 min pro Jahr und Netzkunde und damit Spitze
in der internationalen Statistik. Mit einem maroden Netz wäre
eine solche Leistung nicht zu schaffen.
http://www.vde.com/de/fnn/arbeitsgebiete/versorgungsqualitaet/Seiten/
ures%20|%20Derivatives/Phelix%20Futures%20Chart%20|%20Derivatives/fut
e) EEG-Umlage
Nun, das Paradoxon ist im wissenschaftlichen Umfeld als
solches bezeichnet worden. Ist es ja auch, weil die
fortschreitende Energiewende sich dadurch in der Finanzierung
selbst blockiert, obwohl dadurch Strom generell immer
günstiger wird. Daran ist erwiesenermaßen primär die
Berechnungsformel der EEG-Umlage verantwortlich, die
lediglich eine Differenz der Gesamtkosten zu Teilerlösen
berücksichtigt.
Langfristig mag tatsächlich der Strompreis günstiger werden.
Kurzfristig ist es dennoch so, dass der Strompreis steigt. Der
Verbraucher zahlt schon den realen Preis.
So ist es. An der Berechnungsformel braucht man nicht
rumzudoktern, die ist schlüssig. Und selbst wenn der Strompreis
an der Börse im Durchschnitt von 4 auf 1 ct/kWh sinkt, dann ist
das selbst bei 25% EE-Stromanteil für den Endverbraucher von
Vorteil. Die Erlöse des EEG-Stroms gehen zwar um 3 ct/kWh runter,
was die Umlage erhöht. Das ist aber nur ein aufkommensneutrales
linke Tasche rechte Tasche Spiel. Den positiven Effekt darf man
nicht vergessen, dass auch bei den restlichen 75% Strom die
Bezugskosten um 3 ct/kWh sinken. Hier ist meines Erachtens
Aufklärungsarbeit gefragt: dass man den Rattenfängern aus Hameln
und anderswoher, die gegen das teure EEG wettern gleich
entgegenhält, dass der Strompreisverfall seit dem KKW-Moratorium
im Frühjahr 2011 von 60 €/MWh auf ca 40 €/MWh pro 100 TWh
EE-Strom zwar die EEG-Umlage um 2 Mrd. Euro erhöht hat, aber das
die anderen 400 TWh Strom nun auch um 8 Mrd Euro vom
Kraftwerkspark günstiger einzukaufen waren.
http://www.eex.com/en/Market%20Data/Trading%20Data/Power/Phelix%20Fut
ures-chart/F1BY/2014.01/2013-03-28/a/-/0/0/0/0/-
Es ist für die öffentliche Meinung nur extrem ungünstig, dass
es eben zu dem beschriebenen Effekt kommt, dass die EEG-Umlage
steigt (was man dann natürlich den Erneuerbaren zurechnet) und
systembedingt allein schon steigt, wenn der Marktpreis fällt
Der Punkt ist auch, dass vom fallenden Marktpreis vor allem
Großverbraucher profitieren, die sich flexibel direkt an der
Börse eindecken können. Der Stromvertrieb für Tarifkunden gibt
Einsparungen im Einkauf nur zöglerich weiter. Dies liegt auch
daran, dass die Wechselwilligkeit von Haushaltsverbrauchern sehr
gering ist. Wenn die Kundenwechselrate höher wäre, könnte sich
kein Stromvertrieb es leisten, Einkaufsvorteile nicht zeitnah
weiterzugeben. Das ist aber kein Fehler im System, sondern eine
Mentalitätssache. Beim Telefon hat die Erhöhung der
Wechselwilligkeit auch recht lang gedauert.
Zudem stellt sich dann die Frage, wie sich dann tatsächlich
der Strompreis zusammensetzt. Ich verstehe nicht, wie dieses
Berechnungssystem aussehen sollte.
Sehe ich genauso. Ein vollkommen regulierten Strompreis hatten
wir vor 1998 auch, da müssen wir nicht wieder hin. Zumindest die
2-8 ct/kWh die man für den Strom je nach Uhrzeit zahlen muss,
sind ein wertvolles Allokationssignal, auch wenn dieses durch
Netznutzung, EEG-Umlage und sonstige Abgaben und Steuern etwas in
die Ecke gedrängt wird.
Ein Hauptteil der Wirksamkeit geht sicher von den Medien aus.
Einem interessierten Journalisten kann man durchaus zutrauen,
das Papier zu lesen und bedarfsgerecht zu verwenden. Wenn es
gut gemacht ist und richtig promotet wird, kann das schon eine
Wirkung entfalten.
Den Aspekt finde ich gut. Positionspapier weniger direkt auf den
08/15 Wähler zuschneiden, sondern auf Multiplikatoren.
Gruß, Gunnar
--
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- Re: [Ag-bauen-verkehr] [Energiepolitik] Strategiepapier Energiewende, Gunnar Kaestle, 16.04.2013
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