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ag-bauen-verkehr - [Ag-bauen-verkehr] Meldung zum Bahnstromnetz

ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste

Listenarchiv

[Ag-bauen-verkehr] Meldung zum Bahnstromnetz


Chronologisch Thread 
  • From: "Hanns-Jörg Rohwedder" <danebod AT arcor.de>
  • To: Mailingliste der AG Energiepolitk <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>, "AG-Bauen-Verkehr" <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [Ag-bauen-verkehr] Meldung zum Bahnstromnetz
  • Date: Tue, 26 Oct 2010 19:26:04 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
  • List-id: AG-Bauen-Verkehr <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>

Ahoi,

auf der LMV NRW bot mir ein Pirat an, einen Artikel aus dem Lok-Report
abzutippen, der für uns interessant ist. Der Pirat ist an der Thematik
interessiert, arbeitet aber zur Zeit in keiner der betreffenden AGs mit.


---------- Weitergeleitete Nachricht ----------
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LOK Report (http://lok-report.de/), Printausgabe 11/2010, S. 39:

DB-Bahnstrompreisregelung benachteiligt Wettbewerber

Jeder Bürger in Deutschland kann sich frei seinen Stromanbieter aussuchen. Im
Bahnverkehr in Deutschland sieht das anders aus, hier stellt der Bezug von
Strom aus der Fahrleitung immer noch ein Wettbewerbshindernis für
Privatbahnen im Personen- wie im Güterverkehr dar. Ein Unternehmen der
Deutschen Bahn, DB Energie, vertreibt den Bahnstrom in Deutschland.
Fremdstrom eines anderen Versorgers aus dem Netz zu beziehen, ist aufgrund
hoher Durchleitungsentgelte nicht wirtschaftlich.
Die DB-Infrastruktur ist noch fest mit den Verkehrsunternehmen des gleichen
Konzerns verwoben. Die nicht ausreichende Trennung von Netz und Betrieb
bringt deutliche Vorteile für die Deutsche Bahn. DB Energie kann aufgrund der
günstigen Ausgangsposition Privatbahnen anders als konzerneigene Unternehmen
behandeln. Im Rahmen einer Pressekonferenz im September 2010 in Berlin
sprachen sich Vertreter vom Netzwerk Privatbahnen (Zusammenschluss der mit
der DB Schenker konkurrierenden Güterverkehrsunternehmen) und mofair
(Interessenverband für Mobilitätsdienstleister) für Diskriminierungsfreiheit
im Bahnverkehr und die Auflösung der DB-Gewalt über das Bahnstrompreissystem
aus. Laut mofair-Präsident Wolfgang Meyer zahlen Wettbewerber der DB auf der
Schiene bis zu 20% mehr für Bahnstrom als die DB-eigenen Schienenpersonen-
und Schienengüterverkehrsunternehmen. Die preisliche Diskriminierung wird in
Form der Sonderrabatte von DB Energie und der schlechten Vergütung von
Bremsstrom deutlich, der unmittelbar nach der Rückspeisung ins Netz von
anderen stromverbrauchenden Zügen entnommen werden kann. DB Energie gewährt
derzeit auf die "Stromrechnung" einen Auslastungsrabatt von fünf Prozent, der
an ein willkürlich gewähltes, hohes Abatzvolumen gebunden ist, was aktuell
nur die DB-Verkehrssparten erreichen können. Der Schwellenwert ist für
Privatbahnen auch dann nicht erreichbar, wenn sich ein Großteil von ihnen zu
einer Einkaufsgemeinschaft zusammenfindet.
Der nächste Konfliktherd ist wie schon erwähnt die Vergütung des Bremsstroms.
Der Preis für Bahnstrom liegt bei 12,44 Cent pro Kilowattstunde (Cent kW/h),
jedoch zahlt die Bahn für Bremsstrom nur 5,5 Cent kW/h. Der rückgespeiste
Strom wird aber für 12,44 Cent kW/h wieder verkauft und die vergleichsweise
große Flotte an modernen, zur Rückspeisung fähigen Privatbahnfahrzeugen wird
daher von DB Energie zur Selbstbereicherung ausgenutzt. Die DB selbst besitzt
derzeit noch weit weniger moderne Triebfahrzeuge, die Bremsstrom erzeugen und
rückspeisen können. Das ist nicht nur ökologisch bedenklich, die niedrig
angesetzte Bremsstromvergütung wirkt wie eine umgekehrte Abwrackprämie für
den möglichst langen Weiterbtrieb der DB-Altfahrzeuge. Insofern kann es nur
im Interesse der Privatbahnen sein, dass die DB nicht den von ihnen zurück
erwirtschafteten Strom nochmals zum Ausgangspreis verkauft.
Beide durch das DB-Energiepreissystem verursachte Problemschwerpunkte
komplizieren und verzögern den Wettbewerb im Bahnverkehr in Deutschland.
Eine Problemlösung und gleichwohl ein schwieriger Schritt wäre die strikte
Trennung von Netz und Betrieb. Der Gesetzgeber müsste, wie in der
Koalitionsvereinbarung bereits vereinbart, den diskriminierungsfreien
Netzzugang durchsetzen. Jedoch wird in dieser Hinsicht die jetzige
Unternehmensphilosophie der DB noch von der Politik geduldet. Der DB steht es
frei zu diskriminieren, wo der Gesetzgeber sich nicht einmischt. Bahnstrom
fällt laut Gesetz nicht in den Aufgabenbereich der Bundesnetzagentur - die
hat in diesen Belangen kein Prüfrecht. Eine Neuerung des Allgemeinen
Eisenbahngesetzes wäre hierfür zwingend erforderlich. Eine Streichung des
Auslastungsrabatts und die bessere Vergütung der Bremsenergie wären erste
Schritte zu fairem Bahnverkehr in Deutschland. Derzeit schadet die
DB-Energiepolitik dem allgemeinen Wettbewerb und der Industrie insgesamt.

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Abschrift von Pirat Arnim, Tipfehler bitte ich zu entschuldigen.

Mir geht es nicht darum, mit der Verbreitung dieser Meldung mir die Position
der Lobbyverbände der Privatbahnen in Deutschland (nicht selten Ableger
ausländischer "ehemaliger" Staatsbahnen oder EVUs regionaler
Gebietskörperschaften) zu eigen zu machen.
An diesem Beispiel sieht man aber wie inkonsistent auch 15 Jahre nach dem
Beginn der "Bahnreform" dieses Gebilde heute noch ist. Durch die Vermengung
der Nachteile des Systems 'Staatsbahn' mit denen des Prinzips 'Wettbewerb'
gelingt es an diesem Punkt ein weiteres Mal, Mittel aus der Finanzallmende (=
Steuern) der Kontrolle der Parlamente zu entziehen. Denn wohlweislich weisen
auch die Privatbahnverbände nicht darauf hin, daß der größte Nachteil durch
diese Gestaltung der Bahnstrompreise beim Steuerzahler anfällt, sie wollen
einfach nur billigen Strom, um ihre Kosten zu reduzieren und Gewinne zu
steigern.
Marktgerechte Bahnstrompreise müßten sich aber auf die Bestellerentgelte (zu
zahlen von Ländern und Gebietskörperschaften) für den SPNV positiv auswirken
und somit die MIttel reduzieren, die den öffentlichen Haushalten entzogen
werden, um in private Gewinne oder unkontrollierte Kassen im DB-Konzern zu
erhöhen. Desweiteren würde ein vernunftbezogener Einsatz der begrenzten
Regionalisierungsmittel einen bedarfsgerechteren SPNV/ÖPNV ermöglichen.

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  • [Ag-bauen-verkehr] Meldung zum Bahnstromnetz, Hanns-Jörg Rohwedder, 26.10.2010

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